
Draghi-Report für Europa: To be or not to be!
Der Plan für die finanzielle Zukunft der EU hat es in sich: Gigantische neue Schulden, eine Schuldenunion, enorme Investitionen und die Entmachtung der Mitgliedsstaaten, aber auch Strukturmaßnahmen. Was es mit diesen Plänen auf sich hat?
Vor einem Jahr wurde der frühere Gouverneur der Europäischen Zentralbank EZB, Mario Draghi, von Kommissionspräsidentin Ursula van der Leyen beauftragt, einen Bericht zur Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erstellen, den er am 9. September vorlegte: Ein 400 Seiten dicker Bericht mit vielen Detailanalysen und Vorschlägen zur Wettbewerbsfähigkeit der EU. Draghi schlägt praktisch eine Schuldenunion vor: 800 (sic!) Milliarden Euro soll die EU für Investitionen aufnehmen. Und das jedes Jahr! Das sind 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der gesamten EU. Zum Vergleich: Der Marshallplan zum Wiederaufbau Europas nach dem 2. Weltkrieg betrug 1-2 Prozent des europäischen BIP.
Nach Ansicht Draghis sind diese Investitionen in Energie, Umwelt und Forschung eine Existenzfrage für Europa. Denn ohne diese gemeinsamen Investitionen drohe Europa von den USA und China nicht nur abgehängt, sondern auch abhängig zu werden. Und dann seien Umwelt und Wohlstand bedroht. Auch der europäische Sozialstaat könne dann nicht mehr finanziert werden.
Eine derart gigantische Schuldenaufnahme führt zu einer noch größeren Zentralisierung der EU und weniger Mitbestimmung der einzelnen Länder. Um solch hohe Beträge bzw. Zinsen zu finanzieren, müsste es eine zentrale Planungsagentur in der EU geben und auch das Steuersystem müsste zentralisiert werden, was zu einer weiteren Entmachtung der einzelnen Mitgliedsländer führen würde. Folgerichtig schlägt Draghi auch vor, das Einstimmigkeitsprinzip in der EU abzuschaffen. Das bedeutet, dass Österreich als kleinerer EU-Staat von einer Mehrheit überstimmt werden würde. Mario Draghi, früherer Investmentbanker bei Goldman Sachs, leitete acht Jahre lang bis 2019 die Europäische Zentralbank. Er wurde berühmt, als er 2012 während der Eurokrise in London sagte: "Whatever it takes!" Das hieß, dass er alles dafür tun würde, um das Scheitern des Euro zu verhindern.

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