
"Keinen Zoll nach Osten"
Das Jahr 1989 markierte mit der Implosion des Ostblocks bekanntlich einen historischen Wendepunkt. Über die Auswirkungen und deren Interpretation scheiden sich jedoch bis heute die Geister. Etwa über die Nato-Osterweiterung und ihre Folgen.
1990 zog die UdSSR ihre Armeen aus Osteuropa und dem Baltikum ab, reduzierte ihre Zahl um ein Drittel, schloss mit den USA einen Vertrag über die Reduzierung ballistischer Raketen, eliminierte mit ihrer Hilfe den größten Teil ihres atomaren Potentials und entließ die Vasallenstaaten. Ein Jahr später brach die UdSSR in sich zusammen.
Zuvor, als Helmut Kohl am 9. Februar 1990 zu Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung nach Moskau zu Präsident Michail Gorbatschow flog, hatte er einen Brief des US-Außenministers James Baker in der Tasche. Demnach sollte er versprechen, dass die NATO „keinen Zoll nach Osten“ vorrücken würde. Kurz vor seiner Abreise erhielt Khol einen weiteren Brief von US-Präsident George H.W. Bush, in dem er aufgefordert wurde, einen NATO- „Sonderstatus“ für das Gebiet der DDR zu fordern. Khol entschied sich für die erste der beiden widersprüchlichen Anweisungen – und gewann damit die Zustimmung Gorbatschows zur Wiedervereinigung.
Diese Episode, inmitten der allgemeinen Euphorie über das Ende des Kalten Krieges und der Aussicht auf Weltfrieden, verdeutlicht den Wendepunkt in der US-Außenpolitik: Statt der Auflösung des Warschauer Pakts und der NATO, wie es damals unter anderem der frischgebackene tschechische Präsident Václav Havel forderte, erhielt die NATO eine neue Rolle.

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