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Stern als Symbol der kommunistischen Partei CSSR
Symbol der KP der ČSSR. © CommonsWikimedia.

Spitzel und Unbeschwertheit – Aufwachsen in der ČSSR

„Demokratie und Diktatur“ – in einer neuen Podcast-Reihe fragt „Libratus“ bei Zeitzeugen nach. Wie war es, in einer Diktatur aufzuwachsen? War im Westen alles besser? Und sind Demokratien ebenfalls gefährdet, Elemente von Diktaturen aufzunehmen? Den Anfang machen wir in der kommunistischen Tschechoslowakei.

Gudula Walterskirchen | Politik | 18. duben 2025

Michaela Gebert kam im Jahr 1965 in Prag auf die Welt. Die schlimmste Zeit des kommunistischen Terrors – den Stalinismus (1948 -1953) – hat sie daher nicht erlebt. Ihre Eltern und vor allem die Großeltern allerdings schon, sie bekamen den Terror zu spüren. Ein Teil der Familie emigrierte im Jahr 1949 nach Australien, nachdem ihr Landgut samt Brauerei verstaatlicht wurde.

Die Zeit, in der sie aufgewachsen war, bezeichnet man als die Zeit der Normalisierung, die nach dem jähen Ende des Prager Frühlings im August 1968 von den Kommunisten eingeleitet wurde. Die (Meinungs-) Freiheit wurde massiv zurückgefahren und die kommunistische Propaganda verstärkt. Es gab nur die eine offizielle Meinung, die von der kommunistischen Führung festgelegt wurde. Die Medien, die Zweigstellen der Kommunistischen Partei sowie diverse Regimegünstlinge und opportunistische Mitbürger taten ihr Bestes, und so wurde diese kollektivistische Einheitsmeinung bis in den Privatbereich hinein und in die Köpfe der Menschen transportiert.

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Michaela Gebert. © Libratus.

Das ursprüngliche Ziel der Kommunisten war es, einen neuen, besseren Menschen zu erziehen, damit man den Sprung vom Realsozialismus zum Kommunismus, der übrigens nirgendwo erreicht wurde, vollziehen könnte. In den achtziger Jahren konzentrierte sich die damalige kommunistische Elite in der ČSSR jedoch lediglich darauf, ihre Macht weiter aufrechtzuerhalten.

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Gebert in ihrer Heimatstadt Prag vor der astronomischen Uhr am Altstädter Ring 1987. © privat.

Hört man Zeitzeugen wie Michaela Gebert zu, die damals Kinder und Jugendliche waren, so wird das Grundprinzip, um in dieser Zeit nicht in Schwierigkeiten zu geraten, klar: Sag nicht in der Schule, was man zu Hause so redet! Es könnte einem Spitzel oder Vernaderer – den man heutzutage als „Hinweisgeber“ bezeichnet – zu Ohren kommen und das könnte der Familie große Schwierigkeiten bereiten. Vor solchen „Hinweisgebern“ war man nirgendwo sicher: Sie waren in den Schulen und Unis, in Büros und Fabriken, in den Kneipen und sogar im Freundeskreis.

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