
Die Sprache des Krieges
Die Aufrüstung der EU sei alternativlos, Deutschland müsse wieder „kriegstüchtig“ werden und man wünscht sich „einen totalen und vernichtenden Sieg für die Ukraine“: Seit einigen Jahren mehren sich im öffentlichen Diskurs unserer sogenannten liberalen Demokratie martialische Metaphern und sprachliche Formulierungen, die an totalitäre Systeme erinnern. Kritische Stimmen bezeichnen diese Sprachformen als Kriegsrhetorik und Kriegstreiberei.
Sprache ist nicht nur der Gradmesser der (demokratischen) Verfasstheit einer Gesellschaft, sondern wird auch verwendet, um bestimmte emotionale Effekte zu erzielen, eine Stimmung zu erzeugen, Menschen für sich zu gewinnen. Das ist zunächst nichts Verwerfliches, sondern die Grundlage der Disziplin der Rhetorik. Rhetorik, das ist die Kunst, eine Rede so zu gestalten, dass sie mein Gegenüber mitreißt, fesselt, ja, überzeugt. Der Übergang zur Propaganda kann jedoch fließend sein, insbesondere, wenn diese Versuche der Überzeugung systematisch verbreitet werden, mit großem finanziellem Aufwand passieren und Menschen in ihrem Denken und Handeln bewusst manipulieren wollen.
Die Sprache, die in der Öffentlichkeit verwendet wird, ist jedenfalls niemals unschuldig, sondern sollte sich ihrer potenziellen Tragweite bewusst sein und Verantwortung für die gewählten Worte übernehmen. Denn der Wortschatz konstituiert nicht ausschließlich, aber immer auch die Wirklichkeit. Insbesondere in und durch die Medien. Mit der Änderung des Wortschatzes ändert man allzu leicht auch die Wirklichkeit oder zumindest die Wahrnehmung derselben. Auch der Totalitarismus beginnt mit der Sprache. Oder wie es der Linguist Christian Bergmann mit Blick auf die DDR einmal formulierte: „Totalitäre Regime sind nicht zuletzt Diktaturen der Sprache“.

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