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Steine geschichtet Stapel
© Bild:123RF Bildagentur; pixelvario.

"False Balance" – Ethos oder Kampfbegriff?

In den letzten Jahren ist in öffentlichen Debatten vermehrt ein Begriff gefallen: Jener der „False Balance“. Das Problem: Der Terminus wird gerne dafür verwendet, unbequeme Positionen und Ansätze als unwissenschaftlich darzustellen und aus den Debatten zu verbannen.

Jan David Zimmermann | Wissenschaft | 23. Mai 2025

Der Begriff der False Balance ist nicht nur während der Corona-Pandemie oft besprochen und verwendet worden, wenn es um kritische Stimmen zu Maßnahmen und medizinischen Interventionen ging. Auch bei anderen polarisierenden Themen wie etwa dem Klimawandel wird er gerne verwendet. Gemeint ist damit das Phänomen, dass man im Journalismus eine „falsche“ Ausgewogenheit erzeugt, wenn zwei verschiedene Positionen zu einem Thema als gleichwertig dargestellt werden, obwohl sie es möglicherweise nicht unbedingt sind. Argumentiert wird zumeist, dass in solchen Fällen eine Seite faktisch gut belegt und wissenschaftlich fundiert ist, während dies für die andere Seite nicht gilt.

Der Begriff „False Balance“ stammt ursprünglich aus dem angloamerikanischen Raum und wurde in den Medien- und Kommunikationswissenschaften seit den 2000er-Jahren stärker rezipiert. Er ist weniger ein wissenschaftlich exakt definierter Begriff, sondern stammt aus der journalistischen und medienkritischen Praxis des Wissenschaftsjournalismus.

Konsens "der" Wissenschaft

Argumentiert wird in diesem Zusammenhang gerne mit einem weiteren Schlagwort, nämlich mit dem Konsens „der“ Wissenschaft. Das Problem daran: Erstens ist ein solcher wissenschaftlicher Konsens bei genauem Hinsehen meist schwer festzustellen, denn wer befragt schon alle Wissenschaftler aus einem bestimmten Feld systematisch und lückenlos? Hierfür bräuchte es breit angelegte Meta-Studien (also Studien, die eine Vielzahl thematisch gleichgelagerter Studien zusammenfassen). Gerne wird etwa in den Medien die Behauptung aufgestellt, 97 Prozent der Klimawissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass der Klimawandel menschengemacht ist.

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