Gewalt in der Sprache
Wie gewaltbereit eine Gesellschaft ist, kann man auch an der Sprache ablesen. Sprachliche Entgleisungen bis zum Hass sind allgegenwärtig. Wer jedoch auf der "richtigen" Seite steht, dem kann nicht viel passieren.
Sprache ist der Gradmesser des Zustands einer Gesellschaft. An ihr kann man einiges ablesen. Auch wie gewaltbereit eine Gesellschaft ist und wie sprachliche Gewalt zu realer Benachteiligung führen kann. Die Philosophin Judith Butler, Ikone der Genderbewegung, hat bereits 1997 in ihrem Buch „Hass spricht“ die Macht der Worte beschrieben und gewalttätige Sprache mit Blick auf ihren Handlungsaspekt analysiert. Dabei bezog sie sich auf den Sprachphilosophen John L. Austin, der 1962 mit dem Konzept der „Performativität“ seine „Sprechakttheorie“ erklärte und den Zusammenhang von Sprache und Handeln beschrieb: Sein mittlerweile zum Klassiker der Sprachphilosophie avanciertes Buch „How to do things with words“ schildert, wie man mithilfe von Sprache jemandem einen Namen geben (Taufe), jemanden verurteilen (Gerichtprozess) oder verheiraten (Hochzeit) kann. Diese Sprechakte müssen jedoch von jeweils dafür autorisierten Personen durchgeführt werden und laufen in Schritten ab.
Wirkung von Sprache
Dies geschehe, so Austin, in drei Akten: Der „lokutionäre Akt“ ist dabei jener des Sprechens selbst, also eine Aneinanderreihung von Worten mit Bedeutung. Der zweite Schritt ist der „illokutionäre Akt“, die beabsichtigte Handlung, die der Sprecher mit der Äußerung vollzieht. Dieser Akt gibt dem Gesagten eine bestimmte Kraft oder Absicht. So kann man etwa jemanden etwas fragen, weil man etwas erfahren will, oder man kann jemandem etwas versprechen, weil man sich eine Gegenleistung erwartet, oder man kann jemanden verurteilen, weil man ihn bestrafen will und dgl. Der dritte Akt ist jener der „Perlokution“: Das ist schließlich die Wirkung, die die Äußerung beim Hörer oder in der Welt hervorruft, wie etwa Ärger, Verwunderung, Überzeugung etc.
Judith Butler modifizierte nun Austins Sprechakttheorie insofern, als dass sie betonte, dass Sprache nicht einfach nur Handlungen vollziehen kann, sondern des Weiteren auch die Fähigkeit besitzt, soziale Identitäten und Realitäten zu formen und zu verändern, weswegen Sprachkritik und eine Reflexion über Sprache notwendig ist. Butler betonte, dass Sprache immer in Machtverhältnisse eingebettet ist und daher nicht als völlig neutral betrachtet werden kann.
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