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Modell eines Gehirns vor Laptop
© Bild:123RF Bildagentur; Kateryna Chyzevska.

Hat Europas Demokratie noch Zukunft?

Europas liberale Demokratien stecken in einer tiefen, sich verschärfenden Krise, weil sie nicht mehr leisten, was die Bürger sich von ihnen versprechen: Ihre großen Entscheidungen werden nicht mehr an der Wahlurne, sondern an ganz anderen Orten getroffen. Weder Populisten noch Brandmauern können da helfen, solange Regierungen mehr Angst vor ihren Wählern haben als vor großen Problemen in der weiten Welt.

Michael Breisky | Kommentar | 20. Juni 2025

Es besteht also genug Anlass zu eiliger Umkehr; aber wohin sich wenden? Wo liegt denn das eigentliche Problem hinter den vielen Fragen des politischen Vordergrunds? – Es ist die Sorge über Fehlentwicklungen des technischen Fortschritts, denn er überfordert uns durch maßlose Intensivierung aller bewussten wie unbewussten Herausforderungen. Kurz, es ist alles so schrecklich kompliziert geworden, wie schon 1983 Österreichs Bundeskanzler Sinowatz geklagt hat. 

Es ist die Krise der Vernunft. Denn bei den maßlos vielen Entscheidungen, zu denen uns heute dieser Fortschritt zwingt, klafft die rasch wachsende Komplexität unserer realen Umwelt mit der konstanten Kapazität der Informationsverarbeitung immer mehr auseinander – eine Überforderung im menschlichen Gehirn, die man schon an der allgemein sinkenden Aufmerksamkeits-Spanne erkennt. Und so bildet sich aus psychisch „Unverdautem“ eine ständig erregte Nervosität, die durch Sensationen abgefackelt werden muss. 

Das politische Schlüssel-Problem unserer Demokratien ist also die Notwendigkeit einer „Komplexitäts-Reduzierung“, wie dies der Philosoph Rüdiger Safranski in Gabor Steingarts Pioneer Briefing Economy vom 23.5.2025 erklärt. Denn die Versuchung, bei komplexen Wirkungs-Zusammenhängen durch typische „Kurzschlüsse“ vernünftige Argumentationen zu umgehen, wird immer größer, weil die bisher üblichen Aushandlungsprozesse viel zu mühsam sind. 

Die Krise in Computer-Vokabeln

Natürlich gibt es sehr viele Schrauben, an denen Demokraten drehen sollten, um die notwendige Komplexitäts-Reduzierung zu erreichen. Um dies verständlich darzustellen, sei hier ein Vergleich mit den wesentlichen Teilen eines Computers angestellt:

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