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Grausbirne oder Mundbirne, mittelalterliches Folterinstrument
Die Grausbirne oder Mundbirne war ein häufig angewendetes Folterwerkzeug des Mittelalters und dauert bis in den heutigen Sprachgebrauch fort. © CommonsWikimedia.

Markus Marterbauers böses Erwachen

Der Optimismus des neuen Finanzministers ist jäh gealtert. Die Löcher im Staatssäckel werden immer größer. Welche Folterwerkzeuge erwarten die Steuerzahler? Die Daumenschrauben? Da steigen einem die Grausbirnen auf.

Klaus Woltron | Kommentar | 27. Juni 2025

„Sowie er die Folterwerkzeuge gesehen hat, hat er schleunigst abgeschworen“. (Feuchtwanger, Lion: „Die Geschwister Oppermann“). Minister Marterbauer erging es ebenso: Er bekam Angst vor der eigenen Courage. Nach einer Schockphase von mehreren Wochen beschloss das Parlament ein windelweiches Budget. Von Sanierung keine Spur: Die Staatsschulden werden weiter ansteigen.

Ich erinnere mich an meinen Beitrag anlässlich der Budgetrede Minister Marterbauers im Mai d.J. Mittlerweile ist der damalige Optimismus unseres jäh gealterten Finanzministers einer Leichenbittermiene gewichen. Experten zerpflücken seine Pläne, die Löcher im Staatssäckel mit einem Sammelsurium von Wunschdenken und Keynesianischen Pflastern zu stopfen. Aus Gründen des historischen Interesses wiederhole ich nachstehend meinen damaligen Beitrag und aktualisiere ihn mit einem aktuellen Kommentar.

Finanzminister Marterbauer Treffen mit Josef Proell webFinanzminister Marterbauers Treffen mit Vorgänger Josef Pröll, der 2008 die Finanzkrise zu bewältigen hatte. ©CommonsWikimedia.

Alsdann – die mittlerweile einen Monat alte Geschichte.

„Die bittere Wahrheit"

Einen Brunnen voller ertrinkender Kinder fand unser neuer Finanzminister beim Amtsantritt vor. Viele der Versunkenen, wie zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe, sind bereits ertrunken, andere, auch Große, kämpfen noch verzweifelt ums nackte Überleben. Der Vorgänger des Säckelwartes, trügerisch „Magnus“ (der Große) genannt, floh pudelnass nach Brüssel und wirkt dort als Auszubildender für die Eindämmung der Migration.

Minister Markus Marterbauer könnte das Elend flugs verbal behübschen, indem er die Last der Staatsschulden von 402 Milliarden wie der deutsche Kanzler Merz kreativ in „Sondervermögen“ verwandelte. Unser Wart des leer geräumten Staatssäckels schätzt derartige Wortverdrehungen nicht.  Der ehemalige Arbeiterkämmerer hat´s mit der bitteren Wahrheit.

2017 ExpertInnen Austausch anlässlich der Kurt Rothschild Preisverleihung webDa waren die Zeiten noch recht entspannt: Marterbauer als Ökonom der Arbeiterkammer bei einem Expertengespräch 2017. © CommonsWikumedia.

Mag. Dr. rer. soc. oec. Markus Marterbauer, 1965 in Uppsala/Schweden geboren und seit fast 40 Jahren SPÖ-Mitglied, ist ein Opfer eines Umstandes, der schon so manchen frischgebackenen Ideologen zu schmerzhaften Einsichten zwang: Die allermeisten stürmischen Geister erleben einen schroffen Einkehrschwung in die Realität, wenn sie aus dem Sturm und Drang der Besserwisser in der rauen Wirklichkeit des Tun-Müssens ankommen.

Die Folterwerkzeuge

In dürren Worten schilderte der unheilige Markus in seiner Budgetrede die Foltern, welche man den Österreichern verpassen wird, um die Versäumnisse und Fehlentscheidungen der Vorgängerregierung einigermaßen rückgängig zu machen. Da wären einmal die gescheiterten Versuche der Grünen, die weltweite Klimaerwärmung hierzulande aufzuhalten: Die CO2–Konzentration in der Atmosphäre stieg in den letzten fünf Jahren trotz aller teuren Programme von Ministerin Gewessler unbeirrt linear um 14 ppm an. Auch die sperrangelweit gähnenden Füllhörner der Türkisen (Steuererleichterungen, Förderungen, Rentenerhöhungen für Beamte…) vergrößerten das Loch. Das Defizit des Staates stieg von 2023 auf 2024 steil an- wie die Streif in Kitzbühel. Staatssekretär Alexander Pröll (34, ÖVP) jubelte nun angesichts der verordneten Rosskur vom „größten Paket der letzten Jahrzehnte.“ So etwa beschreibt ein begeisterter Sadist seinen neuen Sado-Maso-Clubraum.

Österreich ist abgesandelt

„Österreich hat sich seit 2022 im Vergleich mit anderen EU-Ländern schlecht geschlagen. Die Teuerung war höher, die Wirtschaftsleistung droht zum dritten Mal in Folge zurückzugehen. Diese Entwicklungen verschärfen die soziale Ungleichheit. Private Haushalte sind verunsichert und sparen. Das schwächt die wirtschaftliche Dynamik“. So schildert Marterbauer die Zwickmühle, in welcher Österreich ökonomisch schmachtet. Dass 30.000 bis 40.000 Asylbewerber und weitere zahllose aufhältige Ausländer zu erhalten sind, dadurch das Sozialsystem in allen Fugen kracht und sich viele Österreicher im Faulbett bestens bezahlter Arbeitslosigkeit plus Pfusch wälzen, bleibt unerwähnt. Auch die glühende Investitionsdynamik unser aller Bahn wird jählings abkühlen suhlen: Sie schleppt einen zu verzinsenden Schuldenrucksack von 25 Mrd. € mit sich.

Mehr Steuern als Sparen

Untersucht man Marterbauers Budget, so findet man, dass weniger gespart, sondern mehr Steuern und Abgaben verordnet werden: Die unverkennbare Handschrift der Sozialdemokratie. Von den kühnen Träumen des nunmehr scheu beiseite gehinkten Vizekanzlers Babler, vulgo „Andi“, findet sich im radikalen Bremsprogramm nicht die geringste Spur. Sein marxistisches 24-Punkte-Gelöbnis vor der Wahl (Wohnbau- und Patientenmilliarden um 12,5 Milliarden Euro) mutierte zur Rentner- Patienten- und Familien-Schröpfkur.

Das vorgebliche Sparpaket ist zu einem guten Teil eine Steuerorgie: Kfz-Steuer für Elektroautos, höhere Steuern für Stiftungen, Abgabe auf Umwidmungsgewinne von Grundstücken, Verlängerung des 55-Prozent-Spitzensteuersatzes, Steigerung der Versicherungsbeiträge für Pensionisten, Banken- und Energiekonzern-Abgabe … Das Drittel der kalten Progression wird nicht mehr abgegolten, der Klimabonus abgeschafft.

2029 wird Österreich höhere Schulden als heute haben.

Daumenschraube Museumsexponat webDaumenschraube. Nationalmuseum München. © CommonsWikimedia.

Was erreicht man mit all diesen Daumenschrauben, Schröpfköpfen und Grausbirnen? (Die Grausbirne, auch Maulbirne oder Spreizbirne genannt, war ein mittelalterliches Folterinstrument). Das angestrebte Ergebnis ist freilich ernüchternd. Nach überstandener Kur, im Jahr 2029, wird die Staatsschuld von 401 auf 480 Mrd. Euro angewachsen sein. Lediglich die jährlichen Defizite schrumpfen – wenn´s denn wahr wird – von 4,5 auf 2,3 Prozent des BIP. Von einer tatsächlichen Schuldenreduktion ist man daher Lichtjahre entfernt.

Für den Normalbürger ist es schleierhaft, wie es Heerscharen von Ministern, Staatssekretären, Ministerialräten, Beamten und Finanzexperten gelingen kann, einen blühenden Staat derart herunterzuwirtschaften. Das üble Rezept hat stets dieselben Zutaten: Wiedergewählt wird man nur dann, wenn man den Bürger mit Geschenken verwöhnt, die er sodann mit Zins und Zinseszins selbst bezahlen muss. Dieses Übel potenziert sich mit der Zahl der Koalitionspartner: Jeder muss seine Klientel beglücken.

Brüssel macht es vor

Frau van der Leyen und der Pfizer- Skandal: Zuletzt will niemand für den angerichteten Schaden verantwortlich sein. Das Tor zur Flucht in satte Weidegründe zu Brüssel steht stets sperrangelweit offen. Dort kann sogar der ärgste Versager noch dazulernen: Die Kommissionspräsidentin erteilte einem „lieben Freund“ ohne Befugnis einen Auftrag in der Höhe von 35 Milliarden Euro für 1,8 Milliarden Impfstoffdosen-per SMS. Diese sind nun „unauffindbar.“

Derartig haarsträubende Attentate auf Bürger und Zahler schafft man nicht einmal hierzulande. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Zur Gegenwart (Juni 2025)

Die Ernüchterung

„Im Paket der Regierung findet sich jetzt „so gut wie keine Maßnahme, die die Dynamik der Staatsverschuldung verändert, sondern es geht nur um das Schließen von Lücken“, so Prof. Badelt, der Vorsitzende des Fiskalrates zum Budgetbeschluss. Das bereits geschnürte Paket der Regierung sei zwar anzuerkennen, doch es brauche ein größeres:

„…..die sofortige Einleitung von Strukturreformen und einen großen zusätzlichen Konsolidierungsbedarf beim Budget.“

Die Handschrift der Theoretiker und Wunschdenker.

Die verschwommene und unpräzise Herangehensweise unserer Regierenden ist charakteristisch für die Denke von Menschen, die nie auf dem Boden der harten Realitäten arbeiten mussten. Sie sind gerade dabei, Opfer einer sehr harte Landung auf diesem Boden zu werden.

Den ersten Aufprall werden die Brüsseler Experten bald einleiten.♦

Klaus Woltron

Gastautor bei Libratus

Dipl.Ing. Dr.mont. Klaus Woltron studierte Metallurgie und Verfahrenstechnik an der Montanuniversität Leoben. Er war in verschiedenen Führungsfunktionen tätig, u.a. Generaldirektor der Simmering-Graz-Pauker AG sowie der ABB Austria AG. Ab 1994 selbstständig tätig als geschäftsführender Gesellschafter der Minas und entwickelte etliche internationale Projekte. Bis vor kurzem schrieb er eine erfolgreiche Kolumne in der "Kronen Zeitung". Er betreibt derzeit einen eigenen Blog: https://woltron.com/blog/