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Tiraspol, Transnistrien, Regierungsgebäude
Regierungsgebäude in Tiraspol mit Lenin-Statue. © CommonsWikimedia.

Moldau’s größtes Problem: Transnistrien

Die pro-europäische Präsidentin Maia Sandu wurde dank der Stimmen der Diaspora wiedergewählt, das EU-Referendum gewann sie auch. Aber kann Moldau EU-Mitglied werden, ohne Transnistrien zu verlieren? Wie funktioniert die Russen-Enklave überhaupt? Eine Reportage.

Boris Kálnoky | Politik | 08. November 2024

Der Grenzsoldat ist gut aufgelegt. „Russisch oder Englisch?”, fragt er freundlich lächelnd, bei jungen Damen wird er noch freundlicher: „Was studieren Sie?” Ein Zettel wird in den Pass gelegt, das Visum. Wie auf der gespaltenen Insel Zypern, so funktioniert es auch hier im abgespaltenen, vorwiegend russisch bevölkerten Teil der Republik Moldau: Transnistrien.

Ein Besuch hier wird in Zeitungsberichten gern als „Zeitreise zurück in die Sowjetunion” bezeichnet. Tatsächlich schmückt ein Sowjetstern den Grenzübergang, und in der Hauptstadt Tiraspol ragt eine gigantische Lenin-Statue gen Himmel. Ansonsten geht es aber eher geldorientiert zu: „Billionär” heißt ein Geschäft für Herrenmode, und „Status” ein Laden für Damenschuhe. In den Supermärkten westliche Importware. Die Sowjetmasche ist mehr Schein als Alltag. Teilweise Geschäftsidee: Westliche Touristen besuchen gern das Restaurant „Back in the USSR”, dekoriert mit allerlei Sowjetkitsch. Auch die meisten westlichen Journalisten landen hier an, die Kulisse ist perfekt für das mediale Transnistrien-Klischee und Igor, der Eigentümer, spricht dankenswerterweise Englisch, und das gern. „New York Times war auch schon hier”, sagt er.

Sowjetnostalgie

An der Sowjetnostalgie ist was dran. „Ich bin in der Sowjetunion geboren”, sagt er, „nicht in Estland”. In Sankt Petersburg besuchte er die dortige Marineschule, hatte eine bescheidene Vorstellung darüber, wie seine Zukunft aussehen könnte. Dann kam der Systemwechsel, und es folgten Jahre des Chaos. Mit seinen Eltern zog er als 16jähriger nach Tiraspol, hangelte sich hier von Job zu Job. Aber Sehnsucht nach den alten Zeiten hat er nicht: „Damals war niemand wirklich arm oder wirklich reich. Heute ist es schwerer, aber ich bin Boss hier, das Leben ist gut.” Er reist viel in der Welt herum: „Ich war in 83 Ländern”, sagt er stolz. „Das ging früher auch nicht.”

Aber dass die Sowjetunion zerfallen ist, das stört ihn. Und dass die Republik Moldau EU-Mitglied werden will, erst recht. Und auch, dass die Amtssprache dort „Rumänisch” ist. Dennoch: Als Russe sieht er sich nicht, sondern als transnistrischer Moldauer. „Ich trinke Wein, nicht Wodka.”

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