
Venedigs letztes Lebenszeichen
Die „Vogalonga“, ein Rudermarathon mit Teilnehmern aus aller Welt, wurde zu einem alljährlichen Volksfest. Das bunte Treiben verweist auf die glorreiche Geschichte Venedigs, die kaum noch jemand bewusst ist, und die zu versinken droht.
„Hart an den Bänken!“ Das war der Ruf, mit dem die Venezianer in Lepanto in den großen Schlachten beim Entern der gegnerischen Schiffe angefeuert wurden. Eine Aufforderung, fest auf den Bänken der Ruderer zu stehen, um hart zu rudern und den Zusammenstoß mit dem feindlichen Schiff zu überstehen. Zu einer Zeit, als die Adria noch Golf von Venedig genannt wurde und die Serenissima ihre Handelsherrschaft bis zu den entlegenen Küsten der Krim ausdehnte, beruhte ihre Seemacht auf der Kraft des Ruders. Im Mittelmeer, wo die Winde unbeständig waren, waren Ruder in der Tat unverzichtbar; nur im Atlantik, wo die Winde regelmäßig waren, konnte man auf sie verzichten.
Die Ruderzivilisation in Venedig erreichte dann mit der Entwicklung der Gondel, dem langen, wendigen Boot für die engen Kanäle, ihren Höhepunkt. Eine Geige unter den Booten, die das Wasser mit ihrem Plätschern zu küssen scheint.
Herrschaft über die Meere
Die „Vogalonga“, ein freier Rudermarathon, wurde 1975 in Venedig ins Leben gerufen, um den Ursprung der venezianischen Herrschaft über die Meere zu feiern und gegen die Entstellung der Stadt des Wassers durch die Invasion der Schiffsmotoren zu rebellieren. In Venedig rudert der Ruderer, „voga“, aufrecht stehend, in seiner ganzen Würde als freier Mensch; in der Tat, wenn man einen Gondoliere aus der Ferne beobachtet, scheint er fast wie durch ein Wunder auf dem Wasser zu gehen.

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