
Wissenschaftsskepsis – Problem oder Chance?
Der Begriff der Wissenschaftsskepsis ist in den letzten Jahren vermehrt diskutiert worden. Dabei hat man medial und politisch nicht selten versucht, die wissenschaftliche Grundtugend des skeptischen Denkens gänzlich zu desavouieren. Doch woher stammt der Terminus „Wissenschaftsskepsis“ eigentlich und was hat die Wissenschaft selbst dazu zu sagen?
In der Öffentlichkeit wird die Notwendigkeit der Wissenschaft zu „vertrauen“, oft betont. Kritische Positionen werden hingegen neuerdings als Wissenschaftsskepsis bezeichnet und als Bedrohung und Problem dargestellt
Der Begriff „Wissenschaftsskepsis“ wurde hochfrequent während der Corona-Krise in den Sprachgebrauch eingeführt und erscheint dabei als Komplementärbegriff zu Termini wie „Wissenschaftsfeindlichkeit“, „Wissenschaftsleugnung“ oder „Pseudowissenschaft“ und wird bisweilen auch in einem Atemzug mit dem Begriff der „False Balance“ genannt. Letzterer ist ein Begriff, der unlängst auch in einem Libratus-Artikel kritisch besprochen wurde
Skeptizismus als Ideal der Wissenschaft
Wissenschaft zeichnet sich in ihrer Idealform allerdings gerade nicht durch ein Vertrauen in sie aus, sondern lebt von der Skepsis, also vom Zweifel, von der Praxis der Überprüfung und Überprüfbarkeit sowie von der anschließenden Revision von Ergebnissen.
„Skeptikós“ bedeutet im Griechischen „jemand, der (etwas) (an)zweifelt, bzw. (etwas) überprüft“. Der Skeptizismus in seiner philosophischen Denktradition, der die Herausbildung von Wissenschaftlichkeit maßgeblich beeinflusste, bedeutet daher, dass absolute Wahrheit und sicheres Wissen nicht erreichbar sind und letztlich eine kritische Haltung gegenüber allen dogmatischen Ansichten eingenommen werden sollte, wobei es mehr oder weniger radikale Ausformungen des Skeptizismus gab. Auch der Soziologe Alexander Bogner gibt in einem Essay zum Thema „Wissenschaftsskepsis“ zu verstehen: „Eine hartnäckige Skepsis ist […] die Geschäftsgrundlage der modernen Wissenschaft. Produktiv wird diese Wissenschaftsskepsis im Forschungsalltag durch die unvoreingenommene Prüfung von Theorien und Hypothesen.“

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