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Péter Magyar und Viktor Orbán geben einander die Hand im EU-Parlament
Oppositionsführer Péter Magyar, Mitglied der EVP, und Ministerpräsident Viktor Orbán im EU-Parlament 2024. © CommonsWikimedia.

Ungarns neue Innenpolitik: Jeder hört jeden ab

Selten ging es in Ungarns Innenpolitik so vulgär zu wie in diesen Tagen. Heimliche Tonaufnahmen prägen die Nachrichtenlage. Man hört hinein und wünscht sich dann, man hätte es nicht gehört.

Boris Kálnoky | Politik | 15. November 2024

 Wer derzeit in Ungarn morgens die Nachrichten liest, braucht einen starken Magen. Man muss zweimal hingucken, bevor man es glaubt: Oppositionsführer Péter Magyar, dessen Partei „Tisza“ bei Meinungsumfragen zuletzt bei knapp 40 Prozent lag, soll die Kandidaten seiner eigenen Partei für das Europaparlament vor den Wahlen „hirntot” genannt haben. Das geht aus heimlichen Tonmitschnitten heraus, die am Donnerstag an ungarische Redaktionen versandt wurden.  Die Aufnahmen zweier Gespräche wurden offenbar von seiner früheren Lebensgefährtin Evelin Vogel angefertigt. Im zweiten Gespräch erwidert Magyar auf Vogels Frage, ob ihm ein bestimmter Kandidat seiner eigenen Partei „sympathisch” sei, „keiner von ihnen ist mir sympathisch. Sie sind alle so unbegabt.”    

Es ist nur die jüngste einer ganzen Reihe von heimlichen Tonaufnahmen, die derzeit Ungarn in Atem halten. Man muss teilweise zweimal hinhören, bevor man es glaubt (falls man es glaubt): Magyar soll über seine eigenen Anhänger gesagt haben, sie stänken aus den Mündern, und über Mütter und Großmütter entführter Kinder lacht er sich schlapp. Aber der Reihe nach.

"Größer als Watergate"

Vergangenen Sonntag rief Péter Magyar zu einer Pressekonferenz, wobei er den größten Skandal der politischen Geschichte Ungarns ankündigte, „größer als Watergate”. Der Skandal bestand dann darin, dass seiner Darstellung zufolge seine eigene einstige Lebensgefährtin, Evelin Vogel, ihn heimlich bei Gesprächen aufgenommen habe, um diese dann der Regierungspartei "Fidesz" zuzuspielen.

Das wusste er deswegen, weil einer seiner Verbündeten, Henrik Hanzel, die junge Dame selbst heimlich aufgenommen hatte. Aus diesem Gespräch machte Magyar einen dreiminütigen Ausschnitt publik, in dem sie 30 Millionen Forint (ca. 75.000 Euro) fordert, um auf „Rache” zu verzichten. „Gebt mir mein Geld und Tschüß”, hört man sie sagen. Magyar zeigte sie wegen illegalen Tonmitschnitts und Erpressung an.

Womit er wohl nicht rechnete: Vogel selbst hatte das Gespräch mit Hanzel ebenfalls heimlich aufgenommen.

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